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Zum Ausmisten meines Kleiderschrankes hatte ich vor einiger Zeit die Konmari Methode ausprobiert. Diese besagt, dass man jedes Teil einzeln anschauen und bewerten soll, ob man es behält oder entsorgt. Als Entscheidungshilfe soll man stets fragen „Do you spark joy?“. Welche Erkenntnis mir das brachte und was auch deine Handtasche über deine Zufriedenheit im Job offenbart, erfährst du in diesen vier wahren Geschichten.

Vier wahre Geschichten von Frauen, ihren Jobs und ihren Handtaschen

Ich schaue meiner entzückenden, kleinen Chloe Handtasche tief in die Augen:
„Löst du Freude aus?“.
Ich betrachte sie mit zur Seite geneigtem Kopf und ergänze die Frage „Wofür habe ich dich eigentlich gebraucht?“

„Natürlich löse ich Freude aus. Ich bin wunderschön und passe zu all deinen Outfits“, kontert Chloe etwas schnippisch. „Aber Natalie, von BRAUCHEN kann wohl nicht die Rede sein. Oder sind deine anderen zwölf Taschen plötzlich alle kaputt gegangen?“, sagt sie und deutet mit einem vorwurfsvollen Blick auf ihre Konkurrenten im Schrank.

Ok, eine Notwendigkeit war der Kauf nun wirklich nicht.
Aber wer kauft heute schon Handtaschen weil er sie braucht?

Der Handtaschen-Oscar

„Weißt du noch welche deine erste teure Handtasche war und wann du sie gekauft hast?“, frage ich meine Kollegin, da mir meine Unterhaltung mit Chloe nicht aus dem Kopf geht. „Ja, das war meine Louis Vuitton“, antwortet meine Kollegin wie aus der Pistole geschossen. „Die habe ich nach einem wichtigen Kundentermin in Düsseldorf gekauft. Ich weiß noch, dass ich sie im Flugzeug auf keinen Fall oben in die Gepäckablage legen wollte und habe sie wie eine Trophäe auf meinem Schoß festgehalten“, sagt sie und ihre Augen funkeln als wäre der Kauf erst gestern gewesen.
Was bedeutet die Tasche für sie?
In ihrem Job war sie schon viele Jahre erfolgreich und hatte das Gehalt erreicht, um sich diese teure Tasche kaufen zu können. Sie hat sich die Tasche nur für sich gekauft und ihr einen so hohen emotionalen Wert beigemessen, dass sie sie nicht loslassen wollte und sich heute noch daran erinnert, wie sie sie im Flugzeug festgehalten hat. Wie einen Oscar. Der Handtaschen-Oscar, eine Auszeichnung für die beste Leistung in der Rolle der Anzeigenleiterin.

Die Mindset-Tasche

Eine Expertin im Bereich Onlinemarketing, deren Newsletter ich abonniert habe, hat kürzlich in einer ihrer E-Mails geschrieben, dass sie sich eine Tasche gekauft hat. Wow, und in China ist ein Sack Reis umgefallen, dachte ich im ersten Moment als ich die Mail angefangen habe zu lesen.
Sie war auf einer Konferenz in San Diego und hatte eine unglaublich tolle Zeit. Sie hat viel Neues gelernt und ihre langjährigen Idole, wie Amy Porterfield getroffen.  Und sie hat sich eine Tasche gekauft. In den USA gäbe es von dieser Marke mehr Auswahl. Ob sie von Zara oder Coach spricht, verrät sie nicht..
Sie erzählt von diesem Kauf, weil es für sie etwas mit Mindset zu tun an. Die Tasche erinnere sie unterbewusst daran, dass sie erfolgreich ist, in dem was sie tut. Das schaffe für sie eine positive Grundeinstellung, mit der  alles leichter laufe und mehr Spaß mache.
Durch den Kauf der Tasche hat sie versinnbildlicht, dass sie auf dem richtigen Weg ist. San Diego, Amy Porterfield, die Tasche. Man kann sich richtig vorstellen, wie sie an diesem Tag mit einem Lächeln auf dem Gesicht eingeschlafen ist. Eine Tasche als Erinnerung und Marker für den richtigen Weg.

Die Entschädigungs-Tasche

Während ich diesen Artikel schreibe, ruft mich meine beste Freundin an. Sie ist gerade in der Stadt und hat sich eine neue Jeans gekauft. „War reduziert, ich freu mich voll.“
Eine Jeans? Die Frau, die sonst nur Leggings mit Röcken trägt? Irgendwas muss passiert sein.
„Und ich bin auch sonst gerade voll glücklich“, führt sie fort. „Du weißt, dass ich das sonst nicht so sagen würde, aber seit ich gekündigt habe, bin ich einfach glücklich. Ich bin einfach so froh, dass ich da nicht mehr hin muss.“ „Weißte, früher musste ich mir ja regelmäßig ein Zalando Paket und `ne Tasche bestellen um kurz glücklich zu sein, weil ich ja sonst keinen Grund hatte mich zu freuen, aber jetzt bin ich einfach so schon glücklich und die Jeans ist noch so das Sahnehäubchen und ich habe voll Hummeln im Hintern.“
Während sie weiter ausführt, dass sie einen Städtetrip nach Hamburg plant, freue ich mich für sie und denke gleichzeitig an meinen Artikel. Ein Zalando Paket und eine Tasche als Entschädigung für Freudlosigkeit im Job. Ent-schädigen = einen Schaden ausgleichen. Herrje, gut, dass diese Zeit für sie nun vorbei ist.

Die Erkenntnis-Tasche

Ich schaue herüber zu meiner Chloe. Ich konnte einfach so 300 Euro für eine kleine Umhängetasche ausgeben, ohne dass es sich auf meinem Konto groß bemerkbar machte. Aber wofür habe ich sie gebraucht? Hat mich die Tasche glücklich gemacht? Habe ich mich damit für etwas belohnt, ausgezeichnet, wollte ich mich erinnern, habe ich mich entschädigt?
Nein, sie hat für mich keine tiefere Bedeutung. Nichts was mir noch nachträglich ein Funkeln in die Augen zaubert. So wie mein Job auch keine tiefere Bedeutung für mich hatte. Eine bedeutungslose Tasche, finanziert durch einen bedeutungslosen Job.

Tja, meine kleine, schöne Chloe, irgendwie habe ich dich dann aber wohl doch gebraucht. Ich habe dich gebraucht, um mir vor Augen zu führen, dass Bedeutungslosigkeit nichts war, was ich bis zur Rente mit mir herumtragen wollte.
„Tut mir Leid, dass dein Job bedeutungslos für dich war, aber ich bin es definitiv nicht“, kontert Chloe und wirft stolz ihren Henkel über die Schulter.

 

 

Zum Mitnehmen:
Zu hinterfragen was du mit dem Kauf einer Tasche oder anderen Dingen verbindest, wofür du sie brauchst und was sie bewirken, ist eine leichte Methode, um dir bewusst zu werden was gerade so bei dir los ist. Das ist hilfreich, um herauszufinden wo du gerade stehst und was deine größte Herausforderung momentan ist.

Zum Teilen:

Was verrät dir deine Handtasche?
– Yeah, läuft bei mir!?
– Obacht Ersatzbefriedigung!?
– Keine Ahnung! 🙁 Ich will ein Eis!?

Schreib es in die Kommentare oder an Natalie@natalie-berlemann.de

Quelle Foto: clem onojeghuo 325296 on unsplash